Angekommen! Als Hubert Wirth die Moskauer Stadtgrenze erreicht, wird er bereits erwartet. Gut gelaunte russische Verkehrspolizisten eskortieren den 69-Jährigen aus Schellbronn, der gemächlich mit einem 82 Jahre alten Lanz Bulldog in Richtung Innenstadt tuckert. Der mit russischen und deutschen Fähnchen und aufgeklebten Fußballbildern geschmückte Traktor zieht einen Wohnwagen hinterher. Wirth winkt fröhlich den wartenden Journalisten zu. Als er stoppt, fotografieren sich die Polizisten vergnügt mit dem Deutschen und der mitreisenden Dackeldame Hexe. Der wohl ungewöhnlichste Besucher der Fußball-WM in Russland hat sein Ziel erreicht.
Zurück liegt eine abenteuerliche Fahrt: etwa 2 300 Kilometer auf deutschen, polnischen, weißrussischen und russischen Straßen. Er war Mitte Mai von seinem Wohnort aufgebrochen. Unterwegs sagt Wirth im Interview einer weißrussischen Nachrichtenagentur, dass er sich ein ganzes Jahr lang auf diese Reise vorbereitet habe: „Ich habe immer davon geträumt, Russland zu besuchen und freue mich, dass es klappt.“
Noch Hunderte Kilometer vor dem Ziel war der rüstige deutsche Abenteurer im Osten zum großen Star geworden. Die Medien amüsierten sich über den Hundenamen Hexe, sie bewunderten das Durchhaltevermögen des alten Bulldogs und drücken fest den Daumen, dass Wirth es noch zum Anpfiff der WM nach Moskau ankommt. In den sozialen Medien fieberten viele Russen mit dem Schellbronner mit. Sie feierten ihn als den „mutigen Opa auf dem Bierfass“. Mit dem Letzteren meinen die Russen Wirths rollendes Domizil, das tatsächlich an eine Riesentonne erinnert.
Die größten Probleme soll es bei der Einreise nach Weißrussland gegeben haben. „Die wollten mich nicht hineinlassen und fragten nach Dokumenten, ein Tierarzt untersuchte meinen Hund“, wurde Wirth von weißrussischen Nachrichtenportalen zitiert. Er erzählte, dass er täglich 100 Kilometer zurücklege und nach einem Aufenthalt in Moskau weiter nach St. Petersburg und dann nach Finnland reisen wolle.
Vielerorts auf seiner Route sorgte der Globetrotter für Aufsehen. Im weißrussischen Rogatschow kriegte Wirth von Einheimischen süße Kondensmilch geschenkt. Manche gaben ihm technische Tipps, andere halfen dabei, einen geeigneten Übernachtungsort zu finden. Die meisten wollten sich einfach mit dem „Opa“ fotografieren lassen. „Ein Pfundskerl“, sagte begeistert ein Russe, dessen Video vom tuckernden und dampfenden Traktor im Internet zu sehen ist. „Er ist sehr positiv eingestellt und wirkt sehr nett“, schwärmte eine Frau namens Ksenija. „Mit solchen Fans muss Deutschland gewinnen“, schrieb ein anderer Nutzer.
„Es ist schwer daran zu glauben, aber er hat es wirklich bis Moskau geschafft“, staunte ein Reporter des russischen TV-Senders NTW auf der Zielgeraden. „Er hat keine Angst, zur WM zu spät zu kommen, alles wurde genau berechnet. Das nenne ich deutsche Pünktlichkeit!“ Nach der Ankunft bot Moskaus Stadtverwaltung Wirth für seinen Bulldog einen kostenlosen Parkplatz in der Innenstadt an.
BNN, Alexei Makartsev, stv. Ressortleiter