„Ein historisch einmaliges Zeitfenster genutzt“
Josef Offele und Johannes Arnold würdigen Arbeit der Deutsch-Russischen Gesellschaft
Ettlingen. Ein „Hochamt“ in vielerlei Hinsicht war die Begegnung von Ettlinger Bürgern und Bürger aus Gatschina in den vergangenen Tagen. Anlass war die 30. Wiederkehr der Gründung der Deutsch-Russischen Gesellschaft im Jahre 1989. Dabei wurde Rüdiger Dierkesmann, seinerzeit als Ettlinger SPD-Stadtrat, als Initiator der Städtepartnerschaft zwischen dem russischen Gatschina und Ettlingen gewürdigt. Beim Festakt im Rittersaal des Schlosses Ettlingen gab es eine zweigeteilte Festansprache. Oberbürgermeister a. D. Josef Offele erinnerte an die Gründungsphase des Vereins, der zunächst noch als Deutsch-Sowjetische Gesellschaft unterwegs war und an die Euphorie, mit denen in Zeiten von Perestroika und Glasnost, Bürger über alle Parteien hinweg mit Begeisterung die Idee einer Partnerschaft mit einer russischen Stadt angingen. Einem Mann wie Rüdiger Dierkesmann gehöre aus Ettlinger Sicht das Verdienst, dass er Ende der 1980er Jahre erkannt hat, dass sich mit Gorbatschow nicht nur für die Annäherung von Ost und West, sondern auch für eine Städtepartnerschaft wie zwischen Ettlingen und Gatschina ein historisch einmaliges Zeitfenster geöffnet habe. Oberbürgermeister Johannes Arnold meinte, dass auf dem Weg zu dieser Städtepartnerschaft, die sein Vor-Vorgänger Josef Offele 1992 besiegelt habe, die Deutsch- Russische Gesellschaft (DRG) ein wichtiger Begleiter gewesen sei. Er kündigte an, aus Anlass des 30-jährigen Geburtstags der DRG den städtischen Zuschuss für den Stand des Vereins auf der Europäischen Meile 2020 Zu erhöhen. Natalja Dorokhowa, Vorsitzende der russisch-deutschen Partnerorganisation in Gatschina, zusammen mit der Stadt-Deputierten Galina Palarmartschuk überbrachte in Urkundenform Glückwünsche der russischen Partnerstadt. Umrahmt war die Feier im Rittersaal von musikalischen Auftritten des russischen Folklore-Chores „Gute Laune“, einem virtuosen Auftritt der Balalaika- Spielerin Sieglinde Prodehl begleitet von ihrem Ehemann auf der Gitarre sowie einem Klarinettenduo Tiemo Steinmann und Anouk Klaassen aus der Musikschule Ettlingen. Einen besonders hohen Stellenwert erhielt die Begegnung von Bürgern aus Ettlingen und Gatschina durch eine ökumenische Seelsorger-Delegation aus Gatschina. Ein positive Bilanz zu dem Aufenthalt der russischen Gäste zog Gerhard Laier. Die Zuschüsse des Deutschen Außenministeriums zum Ausbau der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft und Russland sei in diesem konkreten Fall gut angelegt. Das bestätigte auch der anwesende stellvertretende Bundesvorsitzende der West-Ost-Gesellschaft, Cyrill Pech. Unter dem Projekttitel „Kirche und Gesellschaft in Gatschina und Ettlingen“ trafen sich die Pfarrer der katholischen, lutherischen und orthodoxen Kirchengemeinde sowie vier engagierte Christen aus Gatschina in den vergangenen Tagen in Ettlingen. Im gemeinsam ausgearbeiteten Programm liefen Besuche in Einrichtungen von Caritas und Diakonie, ebenso der Besuch eines Kindergartens. Spannend wurde es bei einem Gedankenaustausch in der Pauluskirche mit einem Symposium, an dem sich der evangelische Dekan Martin Reppenhagen, der Leiter der katholischen Seelsorgeeinheit Pfarrer Martin Heringklee, und die evangelischen Geistlichen Thorsten Maaßen und Roija Weidhas beteiligten. Bei dem Austausch ging es unter anderem auch um Fragen des zurückgehenden Kirchenbesuchs und wie Gedankenaustausch über christliches Gemeindeleben aktiv gestaltet werden kann. Es war das erste Mal, dass von russischer Seite eine gemeinsame Delegation von Orthodoxen, Lutheranern und Katholiken an der Alb weilten. Dem Besuch kam zugute, dass der Vertreter der orthodoxen Kirche Pfarrer Azonov ordentliches Deutsch und insbesondere exzellentes Englisch spricht. Höhepunkt des Aufenthalts war wie berichtet ein Hochamt an Allerheiligen in der Dionysiuskirche Ettlingenweier gewesen. Beim anschließenden Empfang versprachen die Geistlichen der beteiligten Konfessionen, gekommen war auch der Spessarter Militärdekan Siegfried Weber, den begonnenen interkonfessionellen Dialog zwischen Christen aus Ettlingen und Spessart fortzusetzen.
BNN, J.-Christoph Weis
Ehepaar Prodehl