Kultureller Austausch in voller Blüte

Perspektiven der Partnerschaft Gatschina - Ettlingen Delegation aus der russischen Stadt weilt derzeit an der Alb

Von unserem Redaktionsmitglied Johannes Christoph Weis

Ettlingen. Die Partnerschaft zwischen Ettlin­gen und der russischen Zarenstadt Gatschina entwickelt sich stetig weiter: Dieser Tage weilt eine Delegation der russischen Stadt mit Ober­bürgermeister Stanislas Bogdanow an der Spitze an der Alb. Für den OB aus Gatschina hat der Besuch zwei Ziele. Zum einen möchte er der Stadt Ettlingen sowie insbesondere ihren Bür­gern den Dank dafür abstatten, daß zu Beginn des Jahres die versprochene finanzielle Unter­stützung für die im Bau befindliche Milchküche in Gatschina eingegangen ist.

OB Josef Offele für die Stadt und Dr. Rüdiger Dierkesmann für die Deutsch-Russische Gesell­schaft hatten im Februar insgesamt Geldmittel von über 100 000 Mark aus Ettlingen übergeben. Sie sollen zur Sicherung der Grundversorgung von Babys mit Nahrung dienen. Zum andern möchte Stanislas Bogdanow mit seinem Besuch noch mehr konkrete Vorhaben gemeinsam mit Ettlingen und seinen Bürgern anstoßen. Dazu hatte er Kulturamtsleiterin Antonin Katschalowa und den Chef der Polikliniken, Dr. Josif Jakubowitsch, mit dabei.

Am besten läuft derzeit der Austausch , wie Antonin Katschalowa  bilanzierte, auf kulturellem Sektor. Die Auftritte von Künstlern, Musikern, Sportlern in der jeweils anderen Partnerstadt haben einen großen Umfang angenommen. Dabei erinnerte Katschalowa an die russische Jazznacht im Januar 1994, die Präsentation von Malern aus Gatschina im Januar 1993, den Auftritt des Kindertanztheaters oder den Besuch der Folkloregruppe „Naigrysch“.

Die kulturellen Kontakte würden in den nächsten Monaten sogar noch verstärkt. So werde im Sommer eine zwölfköpfiges Profitheater aus Gatschina nach Deutschland kommen. Bereits in Deutschland ist der Chansonnier Wiktor Schutilow, der seine selbst getexteten Lieder Anfang März in Ettlingen und Langensteinbach präsentieren möchte. Ein Wiedersehen gibt es Ende Mai/Anfang Juni auch mit der Folkloregruppe Naigrysch, die in neuer mit bekannten Volksmusikern erweiterter Besetzung unter dem Namen „Ruskie Napewj“ an der Alb antritt. Routine geworden sind die Besuche von Schulklassen. Hier steht ein Schüleraustausch in Ettlingen und Gatschina auf dem Plan. Brachte der Sportaustausch im vergangenen Jahr eine große Gruppe von russischen Stafettenläufer aus Anlass des Stadtfestes nach Ettlingen, wird zumindest eine kleine Gruppe Ettlinger Läufer aus Anlaß der Europiade in Sankt Petersburg die 40 Kilometer südlich gelegene Partnerstadt besuchen.

Viel schwieriger gestaltet sich der wirtschaftlich-industrielle Austausch. Zwar hat Stanislas Bogdanov während seines Besuches schon deutlich erkennen lassen, dass sein Hauptinteresse den Kontakten zur Wirtschaft gilt, aber hier gibt es nur ganz kleine Erfolge zu vermelden. So hat die Stadt Gatschina durch Ettlinger Vermittlung für seinen innerstädtischen Omnibusfuhrpark in Köln kostengünstig gebrauchte Daimler-Benz-Omnibusse erwerben können. Diese Fahrzeuge haben sich im bisherigen Einsatz- trotz teilweise Kältegraden von Minus 30 Grad im Winter 93/94 –  bewährt.  Im Gespräch ist auch der Aufbau eines Betriebs in Gatschina, in dem von einem Ettlinger Unternehmen gelieferte Profile zu fertigen Kunststofffenstern zusammengebaut werden. Wenn dieser Betrieb wirklich aufgebaut werden könnte, wäre dem unter Materialmangel leidenden regionalen russischen Handwerk sehr geholfen.

Für Oberbürgermeister Josef Offele hat der Besuch aus der Partnerstadt in erster Linie das Ziel, die Informationen über Wirtschaft, Technik, Arbeitswelt und Industrie durch viele Kontakte zu Ettlinger Unternehmen bei den russischen Freunden zu verbessern. Als interessantes Beispiel einer veränderten Produktions- und Arbeitswelt wurde deshalb gestern die Spinnerei und Weberei AG in Ettlingen besichtigt. Der zunächst anberaumte einstündige Gang durch die Werkshallen verlängerte sich aufgrund ausführlicher Gespräche zwischen den Geschäftsführern Rolf Heitlinger und Jans-Jörg Kupfer sowie der russischen Delegation erheblich.