Weiter Hoffnung auf Zukunft für die Partnerschaft
Ettlingen (lup). Telefon- und Telefaxverbindungen von Ettlingen nach Gatschina waren gestern tot: „Es ist kein Durchkommen möglich, auch nicht nach Leningrad“, berichtet Gabriele Foss, die geschäftliche Beziehungen in die künftige Partnerschaft unterhält. Jetzt hofft sie, daß der routinemäßige Anruf der russischen Geschäftsfreunde am Freitag ein wenig Klarheit bringt. Ratlos ist auch Eugen Faas von der Deutsch-Russischen Gesellschaft Ettlingens: „Es weiß ja niemand so genau, was passiert“, hält er sich mit einer endgültigen Bewertung der Ereignisse zurück – morgen wolle man sich treffen, um zu beraten, ob und wie die Gesellschaft sich verhalten solle.
Mehrere Konvois mit Hilfsgütern nach Gatschina hatte die Organisation bereits in der Vergangenheit geschickt, als nächstes soll medizinische Ausrüstung geliefert werden. „Ob das jetzt alles noch möglich sein wird – ich glaube ja: Bestimmte Entwicklungen lassen sich nicht zurückdrehen.“ Optimistisch blickt er auch in die Zukunft der Partnerschaft, deren Verträge zwar kommenden Jahres unterzeichnet werden sollen, die aber schon bei einem Besuch von Oberbürgermeister Josef Offele Anfang Juni per Handschlag besiegelt wurde. „Viel Sabotage sieht er als Hintergrund für die Entwicklung, die zu dem Umsturz in der Sowjetunion führte.
Dr. Rüdiger Dierkesmann, der Vorsitzende der Gesellschaft, hält einen Rückfall in den Stalinismus oder den kalten Krieg ebenfalls für unwahrscheinlich, ähnlich sei auch die Einschätzung russischer Freunde in Diskussionen gewesen. Diese hätten allerdings vor Monaten bereits mit der Möglichkeit eines Bürgerkrieges gerechnet. Auch er bewertet die Ereignisse mit Vorsicht: Einerseits gebe es „Selbstverständlichkeiten wie die, daß wir alle enttäuscht und entsetzt sind“, andererseits stünden lediglich zwei Fakten fest, nämlich die Entmachtung Gorbatschows und eine Einschränkung der Menschenrechte. Alles andere sei zur Zeit reine Spekulation, und daran wolle er sich nicht beteiligen. Dennoch soll die Deutsch-Russische Gesellschaft der Stadt nicht untätig bleiben; in einer kleinen Demonstration werde man möglicherweise auf dem Marktplatz zum Wochenende hin auf die Menschenrechte und ihre Unveräußerlichkeit hinweisen.
BNN,lup, 21.08.1991
Am Montag, dem 19. August 1991, einen Tag bevor Gorbatschow und eine Gruppe der Republikchefs den Unionsvertrag unterzeichnen sollten, versuchte eine Gruppe, die sich selbst Staatskomitee für den Ausnahmezustand nannte, die Macht in Moskau zu ergreifen. Alle Beteiligten waren erst unter Gorbatschow in ihre Positionen gekommen. An diesem 19. August wurde im Fernsehen verkündet, Gorbatschow sei überraschend erkrankt und könne seine politischen Ämter nicht mehr ausüben. Vizepräsident Gennadi Janajew sei zum Interimspräsidenten ernannt worden und würde einem Staatskomitee vorstehen, welches für sechs Monate regieren werde. Gorbatschow selbst befand sich zu Beginn des Putschversuches im Urlaub in Foros auf der Krim. Dort wurde er vom Nachmittag des 18. August bis zum 21. August festgesetzt und isoliert, nachdem er es verweigert hatte, seine Zustimmung zur Verhängung des Notstandes zu geben und seine Vollmachten an den Vizepräsidenten zu übertragen. Er blieb dort bis zum Ende des Putsches drei Tage später. In Moskau und Sankt Petersburg (Leningrad) folgten große Demonstrationen gegen die Putschisten. Der Putsch war erfolglos, da die Rote Armee den Putschisten die Gefolgschaft verweigerten. Verteidigungsminister Jasow gab eine mögliche Erklärung, warum der Coup nicht gelang, als er die Frage analysierte, gegen wen sich der Putsch richtete: „Alle fragen mich: Warum haben Sie nicht den Befehl zum Schießen gegeben? Und ich frage: Wen wollen Sie erschießen? Der Widerstand gegen den Putsch, der hauptsächlich vom Präsidenten der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik Boris Nikolajewitsch Jelzin aus dem Moskauer Regierungsgebäude, dem „Weißes Haus (Moskau)“ geführt wurde, war erfolgreich.