Ettlingen/Gatschina. „Ein Europa zu schaffen, in der Arme nicht an den Rand gedrängt werden“, ist das Ideal der zwei Sozialarbeiterinnen Angelika Krause und Konstanze Biella. Die zwei jungen Frauen kommen aus Ettlingens deutscher Partnerstadt Löbau bzw. der Oberlausitz. Der Zufall hat sie in ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr mit Hilfe der „Initiative Christen für Europa“ in Ettlingens russische Partnerstadt Gatschina verschlagen. Dort betreuen sie in einem Wohnheim russische Waisenkinder, die eine Berufsschule absolvieren.
Exotisch ist die Sache aber nicht nur aufgrund der partnerschaftlichen Dreiecksbeziehung: Sie sind Mitarbeiterinnen des katholischen Salesianerordens, der dort im russischorthodox und sowjetisch-atheistisch geprägtem Umfeld mit einem Projekt für Jungen und Mädchen seine Zelte auf geschlagen hat. Das ist aber nicht alles: Direkte Vorgesetzte in der Berufsschule und Wohnheim sind drei italienische Ordensleute, die sich um 70 Schüler in dem 500 Schüler zählenden Berufsschulzentrum kümmern. Bei den Patres Giuseppe, Maria und Rino ist die Idee eines einheitlichen Europas keine Phrase: Ohne ein Wort russisch kamen sie vor drei Jahren in die Region Sankt Petersburg. Mittlerweile sprechen sie fließend russisch und haben für die Jugendlichen einen kleinen „Technopark“ aufgebaut. Ziel der Ausbildung ist, den Herausforderungen der neuen Zeit gewachsen zu sein.
Für Angelika Krause und Konstanze Biella fällt dabei die Freizeitgestaltung für die Jugendlichen zu. Die Voraussetzungen, den Jugendlichen im Wohnheim in Gatschina etwas zu bieten, sind „grausam schlecht“. Ein einziger Volleyball ist alles, was das Wohnheim als Sportgerät besitzt. Weitere Programmpunkte sind Konversation in Deutsch und Flöten-und Gitarrenunterricht.
Bei aller Exotik geht auch an den beiden Sozialarbeiterinnen die wirtschaftliche Not in Rußland nicht spurlos vorbei: „Die Zustände in unserem Internat sind nicht erhebend. Die sanitären Anlagen sind unter aller…“, nimmt Angelika Krause kein Blatt vor den Mund. Es fehle wirklich an allen Ecken und Enden. Und die tägliche Speisekarte zeichne sich durch Vitaminmangel aus. Jeden Montag gebe es ein neues Gericht, das dann eine Woche lang jeden Tag auf den Tisch komme. Die widrigen sozialen Umstände machen die beiden, die aus der christlichen Nächstenliebe die Motivation für ihre Arbeit ableiten, weniger traurig, als die bei vielen Jugendlichen fehlenden sozialen Werte.
Das mangelnde Interesse vieler russischer Mitarbeiter in der Einrichtung schlägt den beiden auf den Magen: „Die schreckliche Vergangenheit ist gegenwärtig in Gleichgültigkeit und erhöhtem Wodkakonsum. Zwei größere Projekte sollen denn auch von den beiden in Angriff genommen werden: Ein „Workcamp“ mit deutschen und russischen Jugendlichen und die Aufstellung eines kleinen Gotteshauses an der Stelle, wo die Ruinen der katholischen Kirche Gatschina stehen. jew